Schnee macht glücklich!
K inder wissen vieles besser als die zahlenmäßig vermeintlich Überlegeneren. Als Kind strahlte man den Schneeflocken entgegen, warf sich dem glitzernden kühlenden Nass in die Arme und freute sich, den Schlitten immer im Gepäck, über Sprungschanzen, Abfahrten und Tage, die erst durch das Dunkel draußen beendet wurden. Drinnen angekommen duftete es nach frisch Gebackenen Plätzchen und das flackern der Kerzen zauberte so manche Zwergengestalt an die Wand. Schaute man nur lange genug hin, konnte man sehen, wie sie miteinander redeten, sich im Arm hielten und tanzten. Die Schatten der Kindheit waren fröhliche Gestalten, zwar nicht allzu groß, dafür aber unterhaltsam und beweglich, wie Kerzenschimmer, der das Haus in einen Feenpalast voller Wärme und zauberhafter Stimmung verwandelte. Meine roten Backen glühten im Kälte-Wärme Kanal von draußen nach drinnen, die Enden meiner Beine fühlten sich wie Eisberge an, die zwar nicht glitzerten wie diese, aber die Kälte von Jahrtausenden in sich zu speichern schienen. Wenn diese nun in der Badewanne abtauchten, wunderte es mich, dass nicht Eisbären auf den Schollen Unterschlupf suchten, die sich auf der Oberfläche zu bilden schienen.
Die Schatten der Kindheit machen fröhlich.
Pyjama, Socken und Bieberbettwäsche hauchten mir neues Leben ein und wenn mich Bussi, der Traumbär mit großer Zipfelmütze abholte, wußte ich, dass eine spannende Nacht vor uns lag. Wir stiegen mit einem hölzernen Doppelschlitten auf waldige Höhe, stiegen höher und höher, bis es nicht mehr weiter ging und die Bäume nur hier und da den Weg versperrten. Das Strahlen der unendlichen Anzahl von Sternen am Firmament leuchtete uns den Weg, als hätten sich Sterne zu Laternen zusammengeschlossen. Schöner als alles Licht der Welt wurden unsere Fußstapfen ausgeleuchtet und so konnte man sehen, dass Bussi große Abdrücke mit seinen leuchtend roten Gummistiefeln im Schnee hinterließ. Sie gingen doppelt so tief in den Schnee wie meine Abdrücke was selbstverständlich ist, denn Bären wiegen nun einmal mehr als Kinder. Unter den Traumbären war Bussi ein Hasardeur und damit das Gegenteil von mir, denn ich neigte stets zu einer gewissen Grundvorsicht, was nichts damit zu tun hat, dass ich mutig war, aber schnelle Schlittentouren, wie Bussi sie gerne unternahm, verlangt mir einiges ab.
So flogen schon bald die Bäume an uns vorbei und das Geräusch der Kufen auf dem trockenen Schnee ließ die Geschwindigkeit noch einmal deutlicher werden. Ich klammerte mich fest an Bussi, der mit seinen roten Gummistiefeln dem Schnee die Richtung unseres Schlitten befahlt. Souverän glitten wir über die glitzernde Schneedecke, die die Sterne des Himmels auf den Boden kopierte. Immer, wenn wir mit unserem Schlitten aus dem Wald gesprungen kamen, flogen Schneeflocken durch die Luft, die die letzte Minute bis zum Ziel wie Konfettiregen zu begleiten schienen. So, als belobigte der Himmel unsere Schlittenfahrt und führte uns mit Schnee auf den Wangen ins Tal. Bei Bussi verfingen sich die dicken, robusten Schneeflocken in seinem braunen Zettelfell und er sah aus wie ein gütiger Großvater, der über die Jahre im Gesicht so viele Haare gehortet hatte, wie eine Schneeprinzessin Eiskristalle. Busse grub seine leuchtenden Stiefel in das herrliche Weiß und wir kamen zum Stehen und hielten beide noch einem Moment das Gesicht in Richtung Schneeflocken. Solange, bis das kühle Feucht uns derart schlottern ließ, dass wir nicht wußten, ob unsere klappernden Zähne oder das alte Mühlrad mehr Lärm verursachte. Genau der richtige Zeitpunkt, um nach Hause zu gehen und unter die Bettdecke zu kriechen. Der Mond schien uns dabei in den Rücken und wir fühlten uns glücklich wie ein Hund, der seinen lang vergrabenen Lieblingsknochen am Ende des Gartens wieder ausgegraben hatte.
Die Tür zum Kinderzimmer öffnete sich und Mutti balancierte auf dem durch den Türspalt hereinfallenden Lichtschein zu mir. Strich mir über das Haar und küsste meine Stirn. Bussi und ich lagen Arm in Arm im Bett und da es schnell gehen musste, hatte Bussi seine tropfenden Gummistiefel angelassen. Wir wollten beide nichts riskieren, denn Mutti war nicht anders als andere Erwachsene, die vergessen hatten, was rote, glühende von Schneeflocken bedeckte Wangen für ein Glück bedeuteten.
Ganz leise schloß Mutti die Tür hinter sich, Bussi schlug seine Augen auf, die so stark blitzten, dass das gesamte Zimmer erleuchtet wurde.
Bären mit tropfenden Gummistiefeln machen das Herz froh.
Während er sich die tropfenden Stiefel gekonnt von den Füßen strich, schmiegte ich mich in seine haarigen Arme. Das Glück pocherte in meinem Bauch und es fühlte sich an, also ob blubbernde Blasen den Bauch von innen kitzelten. .
Schön, dass es Schneeflocken und Bussi gibt, dachte ich und schlief bei der Melodie von Bussis tropfenden Füßen selig ein.